Ein Wiedersehen der besonderen Art

Back to Borgfeld, für ein paar Stunden

Der letzte Sonntag im Oktober 2017. Volle Hütte im Borgfelder "Freizi". So wie vor zwei Jahren, als Sylke Lassmann und ihre Mitstreiterinnen vom Runden Tisch die Jugendlichen aus der Halle ins Internationale Café einluden. Für zwei, drei Stunden chillen, kickern, Billard spielen, Musik hören, tanzen, schnacken, lecker essen und trinken. So sah damals das Programm aus. Ein echtes Highlight im Leben der jungen Geflüchteten. Und heute, zwei Jahre später? Für den teilnehmenden Beobachter schien es so, als hätte die Crew des Internationalen Cafés die 18-monatige Pause beendet und machte einfach mit dem normalen Programm weiter. Erst mit dem zweiten Blick konnten die kleinen und größeren Veränderungen entdeckt werden: Die "Jungs" sind erwachsener, reifer geworden, sie sprechen viel, viel besser deutsch. Sie formulieren ihre eigenen Erwartungen, Hoffnungen, Ängste konkreter, präziser. 

Wir werden auf dieses Thema zurückkommen. Heute gibt es erst einmal einen Stimmungsbericht in Form von bewegten und bewegenden Bildern (hier klicken).

Zwei Jahre danach

Wir feiern ein Wiedersehen

Vor zwei Jahren kamen 90 Jungs in die Borgfelder Halle

Am letzten Sonntag im Oktober (29.) feiern die Aktiven des Runden Tisches mit den "Borgfelder Jungs" - das sind die, die vier Monate in der zur Notunterkunft  umfunktionierten Halle "Am Saatland" lebten - und ihren ehemaligen Betreuern ein Wiedersehen. Die Veranstaltung findet im Jugendfreizeitheim Borgfeld statt. Beginn: 15 Uhr.

Zwei Jahre sind ins Land gegangen. Die Jugendlichen leben quer über die Stadt verstreut in eigenen Wohnungen, in betreuten Wohngruppen, in großen Hotels.

Wir sind neugierig: Wie geht es ihnen? Wie kommen sie mit der deutschen Sprache klar? Wie läuft es in der Schule oder in der Ausbildung? Darüber wird am 29. Oktober bestimmt gesprochen. Aber es soll vor allem gefeiert werden. Und wie sich das für "unsere Jungs" gehört, gibt es nicht nur leckere Kleinigkeiten zu essen, nicht nur Chai, Kaffee, Cola, Wasser, Saft, sondern auch Musik und Tanz. 

Wir freuen uns auf möglichst viele Gäste aus den Reihen der freiwilligen Helfer, des alten Teams und speziell der Jugendlichen.

Hier kommt der kompakte Veranstaltungshinweis (bitte klicken).

Bürgerantrag

Runder Tisch bringt Bürgerantrag auf den Weg

Appell an den Borgfelder Beirat: Projektgruppe einrichten!

Der Runde Tisch Borgfeld hat auf seiner Sitzung am 30. Mai mit großer Mehrheit einem Entschließungsantrag zugestimmt, in dem der Beirat gebeten wird eine Projektgruppe für das geplante multifunktionale Bauprojekt einzurichten.

Der Antrag im Wortlaut

Der Borgfelder Beirat wird gebeten, zügig eine Projektgruppe einzurichten, um die Voraussetzungen für ein multifunktionales Bauprojekt in Borgfeld zu klären und einen Plan für seine Umsetzung zu erarbeiten. Das Vorhaben soll ein Bürgerhaus, bezahlbare Wohnungen für Seniorinnen und Senioren und Wohnungen für Flüchtlinge umfassen.

Ein solch ehrgeiziges Vorhaben bedarf der Unterstützung aller Parteien im Beirat. Seit langem beklagen Kulturschaffende sowie Sprecher von Vereinen und Gruppen das Fehlen von Räumlichkeiten, in denen größere Veranstaltungen, Ausstellungen, Seminare und zugleich Platz für das Borgfelder Heimatarchiv ist. Ferner besteht ein akuter Mangel an preiswerten Senioren-Wohnungen. Schließlich sollte Borgfeld als ein vergleichsweise wohlhabender Stadtteil einen eigenen Beitrag zur Betreuung und Unterbringung von Migranten leisten.

An das kommunale Parlament ergeht der Appell, sich zu einer großzügigen Lösung durchzuringen, die der Bedeutung und den Möglichkeiten des Stadtteils entspricht. Das Projekt kann als Modell entwickelt und mit öffentlichen Mitteln gefördert werden. Voraussetzung dafür ist ein Konzept, das einen geeigneten Standort ausweist und die baurechtlichen, finanziellen und gestalterischen Voraussetzungen klärt und zugleich Erweiterungsmöglichen bietet, etwa für eine Kindertagesstätte.

Der Runde Tisch Borgfeld beteiligt sich an den Bemühungen, die Zustimmung und Unterstützung der Borgfelder Bevölkerung für das multifunktionale Bauprojekt zu gewinnen.

Multifunktionales Bauprojekt in der Diskussion

Der Runde Tisch lädt ein

Einwohnerversammlung am 30. Mai in der Schützenhalle

Der Runde Tisch Borgfeld wird am Dienstag, 30. Mai um 19.30 Uhr in der Schützenhalle sein nächstes Plenum abhalten. Das Treffen wird gleichzeitig als Einwohnerversammlung angelegt, um mit der Bevölkerung das von uns vorgeschlagene multifunktionale Bauprojekt zu diskutieren. Bekanntlich unternimmt der Runde Tisch einen Vorstoß, um

  • bezahlbare Wohnungen für Seniorinnen und Senioren,
  • das dringend erforderliche Bürgerhaus bzw. Dorfgemeinschaftshaus und
  • Flüchtlingsunterkünfte in einem Bauvorhaben zu realisieren.

Gegenüber dem Ortsamtleiter und dem Beirat hat der Runde Tisch klargestellt, dass der ehrenamtlich arbeitenden Verbund keinerlei Zuständigkeit bei der Umsetzung eines solch ehrgeizigen Vorhabens für sich reklamiert. Der Runde Tisch will jedoch gern Vorreiter sein und den Weg der Verwirklichung -  mit Unterstützung aus der Bevölkerung - begleiten.

 

Daher sind alle interessierte Borgfelder Bürgerinnen und Bürger herzlich zu der Veranstaltung am 30 Mai eingeladen.

 

 

Bella Bah lernt das Bäckerhandwerk

Sein Traumjob

Bella Bah hat lange in der Borgfelder Warft gelebt, wird intensiv von seinem Vormund Uwe Rosenberg betreut. Mittlerweile ist der aus Guinea stammende junge Mann volljährig, hat eine eigene kleine Wohnung. Und, was für ihn das Größte ist, absolviert beim Bäckermeister Peer Ruchel im Brahmkamp die "EQ", die Eingangsqualifikation. Nach maximal 12 Monaten schließt sich dann die reguläre dreijährige Ausbildung an. 

Bella hat sich bewußt und beharrlich auf diesen speziellen beruflichen Weg begeben. Zweimal war er als Praktikant bei Peer Ruchel. Das Bäckerhandwerk hat ihn gepackt. Lesen Sie hier die Reportage von Eberhard Matzke, die in der neuesten Ausgabe des Oberneuland Magazin erschienen ist.

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Eberhard Matzke über Bella Bah, der in der Bäckerei Ruchel lernt (Oberneuland Magazin Mai 2017
OM 2017-05.pdf
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Kritik an Großeinrichtungen

Die Debatte ist überfällig: Jugendliche und Helfer kritisieren die Zustände in den Großeinrichtungen

Diese Zeichnung von Mojtaba trägt den Titel Jeden Tag Döner - mag ich nicht. 


Diskussionsrunde im Kapitel 8

Heiß her ging am Donnerstagabend bei meiner ersten Podiumsdiskussion im Kapitelhaus... Vielen Dank an die Teilnehmer*innen, die eine spannende und kontroverse Diskussion ermöglicht haben, an den Weser Kurier für die Berichterstattung heute und vor allem an die Jugendlichen, die mir im Vorfeld in Interviews von sich und ihren Wünschen und Sorgen berichtet haben.

 

Hier Aussagen von Jugendlichen, die ich befragt habe:

 

Zur Betreuungssituation

  •  Sie sagen immer „du musst warten“ – wenn ich in Deutschland meine Probleme sage, bekomme ich immer diese Antwort: „Ja, du musst warten, du musst warten“. Aber das Problem ist, ich weiß nicht, bis wann. 

  • Wir haben nicht so viel Kontakt, ich sehe meinen Betreuer vielleicht ein- oder zweimal die Woche. Ich habe keine Ahnung, was sie so machen. Wenn ich ein Problem habe, gehe ich schon zu meinem Betreuer, ein- oder zweimal, aber wenn nichts passiert, dann höre ich auf.

  • Wenn ich Probleme habe, bespreche ich das mit meiner Mentorin. Sie ist auch meine Vormünderin.  Sie hilft mir bei allem.

 

Zu den Lebensbedingungen

  • Die Küche ist sehr schmutzig und die Toilette ist auch sehr schmutzig und das gefällt mir nicht. Ich glaube, niemand ist damit zufrieden. Wir müssen selber putzen, jeden Tag ist ein Junge dran: Zuerst nehmen sie 5 Euro von unserem Taschengeld und dann bekommen wir das wieder. Aber das Putzen klappt nicht, es ist trotzdem schmutzig.

  • Einmal habe ich mit meiner Casemanagerin darüber gesprochen, wie schmutzig es in meinem Wohnheim ist und meine Casemanagerin hat auch mit dem Chef vom Wohnheim gesprochen und der hat gesagt, er macht einen Plan und dann wird alles sauber sein. Aber er hat nichts gemacht.

  • Jeden Tag Döner – mag ich nicht.

Katharina Mild

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Sara Sundermann über die Kritik an den Großeinrichtungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (Weser Kurier 24.03.2017)
WK 2017-03-24.pdf
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Fotos von der Veranstaltung am 23.03.17

Von Glückspilzen und Pechvögeln - ein Kommentar

Katharina Mild hat ein riesengroßes Lob verdient. Sie hat die überfällige Debatte über die Qualität der pädagogischen Arbeit in den Bremer Hotels, Häusern, Wohngruppen, in denen junge Geflüchtete nach den gesetzlichen Vorgaben der Kinder- und Jugendhilfe leben, angestoßen. Ihrer Initiative verdanken wir es, dass dieses Thema den Weg in die breite Öffentlichkeit gefunden hat. Hier ein Meinungsbeitrag von Detlev Busche.


 

Wenn man so will, ist Jamshid ein Glückspilz. Der junge Afghane lebt mit sieben anderen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in einer ganz normalen Wohngruppe in Borgfeld. Er hat selbstverständlich ein eigenes Zimmer – das ist in Deutschland seit mehr als 25 Jahren Standard für die stationären Wohnformen. Er bekommt wie die anderen Mitbewohner mittags nach der Schule eine warme Mahlzeit, serviert von der Hauswirtschafterin. Auch das ist eine Grundleistung. Und abends kocht Jamshid selbst, meist gemeinsam mit ein oder zwei anderen Jungs. Abwasch, Küche sauber halten, die Bäder, das eigene Zimmer selbstverständlich auch, den Großeinkauf für die Gruppe übernehmen, Rasenmähen, Gartenpflege, Frühjahrsputz, das alles steht auf dem Programm der Jungs. Jamshid bekommt Zuwendung, bei den Schularbeiten, beim Deutsch lernen. Er kann sich auf sein Zimmer zurückziehen, wann immer er will. Wenn er einen Kumpel aus einer anderen Einrichtung einladen möchte bei ihm das Wochenende zu verbringen, kann er das mit den Betreuern abklären. Dafür gibt es Regeln, die in der gemeinsamen wöchentlichen Sitzung immer wieder besprochen werden. Also ein Gast, in Ausnahmefällen auch mal ein zweiter.

Die Nachbarn, der Postbote, Rewe, Aldi, Lidl, Jamshid kennt sich aus in seinem Kiez. Zwar stöhnt er manchmal, dass der Weg zur Haltestelle weit ist. Mit einem Augenzwinkern und einem breiten Grinsen relativiert er diesen kleinen Minuspunkt. „Mit dem Fahrrad packe ich das in wenigen Minuten.“ Wenn man ihn fragt, was ihn richtig stört, dann kommt wie aus der Pistole geschossen diese Antwort: „Ich muss von Borgfeld bis nach Vegesack fahren, weil dort meine Schule ist. Kannst Du Dir das vorstellen? Jeden Tag über eine Stunde hin, und zurück nochmal eine Stunde! “  

Dieser kurze Einblick in Jamshids Alltag muss reichen. Und unser Befund bedarf einer Korrektur. Der junge Mann ist kein Glückspilz. Er bekommt die reguläre Leistung, und zwar nach dem Gesetz und nach den für Bremen geltenden Leistungsbeschreibungen.

 

Szenen- und Ortswechsel. Hotel Horner Eiche, am Autobahnzubringer gelegen. Kapazität: 100 Plätze. Die aktuell vereinbarte Belegung ist auf etwa 70 reduziert. Tamem und sein Cousin Massi leben seit Februar 2016 in dieser Großeinrichtung. Das Essen dort kommt vom Caterer. Die Jungs können sich nichts selber zubereiten. Tamem und Massi sind leidenschaftliche Thai-Boxer, laut Trainer und Betreuer ganz große Talente. Sie treten bei den Meisterschaften ihres Verbandes an, trainieren fünfmal in der Woche, montags bis freitags immer von 18 bis 20 Uhr im Leon Fight Club 12 am Hohweg. Wenn sie nach dem Training zurück ins Hotel kommen, gibt es für sie in der Regel keine Chance auf eine warme – aufgewärmte – Mahlzeit. Stattdessen drücken ihnen die Betreuer je einen Essengutschein für den Döner Am Dobben in die Hand. Dann fahren sie zum Dobben, lösen die Gutscheine ein. Mehrmals in der Woche zum Döner. Für die beiden Leistungssportler genau die falsche Ernährung. Ein Armutszeugnis für das Hotel Horner Eiche,  eine Einrichtung, die einem Ex-Boxer gehört, der sich bundesweit mit seinem auf sportliche Aktivitäten fokussierten Ansatz zu profilieren versucht.

 

Auch das ist Jugendhilfe in Bremen. Die gesetzliche Grundlage ist die gleiche wie im Fall der Borgfelder Wohngruppe. Zum Nachlesen: Sozialgesetzbuch 8, Paragraf 34. Und die Leistungsbeschreibung für die Einrichtung „Horner Eiche“ (Träger: Akademie Lothar Kannenberg) unterscheidet sich kaum von derjenigen der kleinen Wohngruppe (Träger: Alten Eichen gGmbH). Übrigens: Wer nun meint, dass sich die unterschiedlichen Leistungen im Preis, im so genannten täglichen Entgelt widerspiegeln, der irrt. Das Entgelt ist in etwa gleich - egal ob die Jugendlichen im Einzel- oder im Doppelzimmer untergebracht werden, egal ob eine Hauswirtschaftskraft frisch kocht, die Bewohner ihre Malzeiten auch selbst zubereiten können oder das Essen über einen Caterer angeliefert wird. 

 

Bei 70 jungen Menschen, zentraler Versorgung durch einen Caterer, bei Doppelzimmern, bei einer Security, die alles im Blick haben muss, bei der Notwendigkeit viele Regeln aufzustellen (wie z.B. diese Regel: Wer mehr als 30 Minuten nach der Abendessenzeit kommt, ist gelackmeiert) kann qualitativ nicht viel mehr herausspringen. Fachleute der Heimerziehung wissen, dass aus Masse eben keine Klasse entsteht. Eine pädagogische Qualität entwickelt sich in kleinen, überschaubaren Wohneinheiten, nicht in Hotels, die ihre beste Zeit längst hinter sich haben.

 

Den Alltag von Tamem und Massi ausführlich zu schildern, sprengt den Rahmen dieser kleinen Einlassung. Vielleicht reicht es darauf hinzuweisen, dass beide seit vielen Monaten auf eine andere Unterkunft hoffen, auf eine eigene Wohnung oder eine kleine Einrichtung wie die, in der ihr afghanischer Kumpel Jamshid lebt. Tamem und Massi, sie gehören zu den Pechvögeln (und das sind immer noch die meisten der in Bremen untergebrachten jungen Flüchtlinge). Ach ja, noch etwas: Das Hotel Horner Eiche ist noch bis Ende 2028 angemietet. 

 

Wie die vielen anderen Freiwilligen vom Runden Tisch bekomme auch ich von Jugendlichen, die in der Sporthalle untergebracht waren, nahezu täglich WhatsApp-Nachrichten, SMS oder kurze Anrufe mit konkreten Anliegen, mit Kritik an den Zuständen, mit Kritik an den Betreuern, mit Kritik an den vielen Warteschleifen. Viele junge Geflüchteten sind frustriert, einige von ihnen regelrecht verzweifelt. Bei ihnen ist zu spüren, dass die Hoffnung anzukommen Stück für Stück schwindet.

 

Noch ist Zeit für eine realistische Bestandsaufnahme und für Kurskorrekturen. Diese Debatte sollte offen und ehrlich geführt werden. Und sie sollte die Jugendlichen einbeziehen. Sie müssen gehört werden. Sie müssen mitentscheiden. Und die Zivilgesellschaft, vertreten durch die immer noch zahlreichen Volunteers in der Flüchtlingshilfe, sie muss sich einmischen.

 

Detlev Busche


Runder Tisch Borgfeld: Neue Ideen, neue Vorhaben

Hermann Vinke über neue Vorhaben des Runden Tisches: Laptops für die Jugendlichen und ein Multifunktionshaus für Borgfeld

© Wümme-Zeitung

Zwei wichtige Initiativen hat der Runde Tisch Borgfeld in jüngster Zeit gestartet. Einmal wollen wir versuchen, jugendliche Flüchtlinge mit Laptops auszustatten. Das mag manchen als unnötig und nicht vordringlich erscheinen. Aber der Hinweis, den Detlev Busche, der Schöpfer und Redakteur unserer Homepage in diesem Zusammenhang gab, ist meines Erachtens stichhaltig und nicht von der Hand zu weisen: „Der Laptop gehört mittlerweile zur Grundausstattung im Unterricht. Deshalb wäre es schön, wenn wir nach und nach Jugendliche, die aus einer Vorklasse in den regulären Schulbetrieb wechseln, entsprechend versorgen könnten.“

Keineswegs geht es darum, reihenweise nagelneue Geräte zu erwerben. Detlev Busche: „Es müssen nicht fabrikneue Geräte sein. Geprüfte gebrauchte Laptops tun es auch. Die Grundfiguration sollte u. a. Windows 10, das Office-Paket für Studenten / Schüler und ein Antivirenprogramm enthalten.“

Der Laptop ist bekanntlich nicht nur ein wichtiges Instrument der Kommunikation und Information. Das Gerät hilft auch beim Erlernen von Sprachen, füllt Wissenslücken und dient als praktischer Begleiter im Alltag.  Die Beschaffung von Laptops soll also in den nächsten Wochen und Monaten ein Schwerpunkt unserer ehrenamtlichen Arbeit werden.

Der Lions Club Bremen Wümme, der uns bisher schon bei verschiedenen Maßnahmen tatkräftig unterstützt hat, wird uns auch bei dieser Aktion helfen. Als erste spontane Reaktion spendeten Mitglieder bereits zwei Laptops und stellten Geldbeträge für den Ankauf weiterer gebrauchter Geräte in Aussicht. Wir hoffen, dass dieses Beispiel Schule macht.

 

Laptop für die Kinder, Tablet für die Alten

Anfang März bereitete ich mich auf einen kurzen Auftritt vor der Mitgliederversammlung des Lions Clubs im Hotel Munte vor, um für die Laptop-Idee zu werben. Da las ich in einem Interview, das die Süddeutsche Zeitung mit dem Präsidenten der Republik Uruguay, Tabaré Vázquez, aus Anlass seines Deutschlands-Besuchs im Februar diesen Jahres geführt hatte, folgendes Zitat von Vázquez: „So haben wir nicht nur das Internet schnell ausgebaut und alle Kinder mit einem einfachen Laptop ausgestattet, sondern auch allen Alten einen Tablet-PC geschenkt.“ Die Effekte im Zusammenleben der Familien seien verblüffend, berichtete der Präsident des kleinen südamerikanischen Landes mit 3,5 Millionen Einwohnern weiter. Das Fernsehen spiele keine große Rolle mehr. „Stattdessen bringen die Enkel erst ihren Großeltern bei, wie man die Computer und Smartphones bedient, dann kommunizieren sie so intensiv wie nie zuvor mit einander in Familien- und anderen Gruppen. Eine neue Form der Kommunikation, die die Alten aus ihrer Einsamkeit herausholt und Solidarität zwischen den Generationen stiftet.“ (SZ, 21. Februar 2017)

Um die Solidarität zwischen den Generationen und das Zusammenleben von Jung und Alt geht es auch bei dem zweiten Projekt, das der Runde Tisch Borgfeld auf seinem Plenum am 7. Februar im Ortsamt angeschoben hat. Dieses Vorhaben unterscheidet sich allerdings in der zeitlichen wie inhaltlichen Dimension ganz erheblich von dem der Laptop-Beschaffung. Es geht um ein multifunktionales Bauprojekt in unserem Stadtteil, das Flüchtlingsunterkünfte, Seniorenwohnungen und ein Dorfgemeinschaftshaus umfassen soll.

Dass ein solches Vorhaben alle bisherigen Überlegungen für die drei Teilbereiche sprengt, liegt auf der Hand. Und der Grad der Schwierigkeiten ist ebenfalls offenkundig. In meiner Funktion als einer der beiden Sprecher des Runden Tisches – neben Hanns Gunschera – habe ich diese Idee auf der Jahresversammlung des Fördervereins Dorfgemeinschaftshaus Borgfeld am 9. März und in einer Sitzung des Ausschusses II des Borgfelder Beirates am 14. 3. vorgestellt. Und die Resonanz in beiden Fällen war erstaunlich positiv und somit auch ermutigend. Ob das so bleibt, wird man sehen, wenn sich der Beirat demnächst in seiner Gesamtheit mit dem Thema befasst.

Alles unter einem Dach

Die Wümme-Zeitung hat bereits zwei Mal über den Plan für ein multifunktionales Bauprojekt berichtet: Alles unter einem Dach – Runder Tisch regt Bau eines Mehrzweckgebäudes für Dorfgemeinschaft, Senioren und Flüchtlinge an (WZ, 16. Februar) und Einstieg in ein großes Projekt – Senioren, Flüchtlinge und Bürgerhaus: Ausschuss unterstützt Pläne des Runden Tisches (WZ, 16. März) Diesen zweiten ebenfalls sehr informativen Bericht veröffentlichen wir mit Erlaubnis der Wümme-Zeitung auf unserer Homepage.

Um eine solche Idee in einen konkreten Plan umzusetzen und damit eine Chance zur Verwirklichung zu eröffnen, bedarf es der Mitwirkung aller Vereine, Gruppen, Gremien, Initiativen und Einrichtungen, die auf dem Gebieten Kultur, Soziales, Jugend- und Altenbetreuung und in der Flüchtlingsarbeit in Borgfeld tätig sind. Die erste und unmittelbare kommunalpolitische Zuständigkeit liegt beim Ortsamtsleiter und dem Beirat. Die Behörden der Stadtgemeinde Bremen haben ebenfalls ein entscheidendes Wort mitzureden.

Der Runde Tisch empfiehlt dem Beirat, das multifunktionale Bauprojekt grundsätzlich zu befürworten und gleichzeitig einen Arbeitskreis einzuberufen, der die Voraussetzungen für ein solches Vorhaben nach Möglichkeit klären und einen Plan für die Umsetzung erarbeiten soll, und zwar in enger Abstimmung mit dem Beirat und seinen Ausschüssen.

 

„Scharoun-Quartier“

Einen möglichen Namenspatron gibt es bereits. Die engagierte Borgfelderin Dr. Rena Noltenius, die unsere Arbeit am Runden Tisch von Anfang mit Rat und Tat begleitet hat, schlägt vor, das Bauprojekt „Scharoun-Quartier“ zu nennen. Der international bekannte Architekt Hans Scharoun (1893-1972) wurde in Bremen geboren. Seine Ideen und Vorstellungen von Architektur und Städtebau passen durchaus zum Borgfelder Projekt. Schließlich ging es Scharoun nicht zuletzt darum, Lebensräume sozial und funktional zu gestalten sowie bezahlbare Wohnungen und Quartiere zu errichten. Laptop, PC und überhaupt die ganze Digitalisierung würde er heute sicherlich ebenfalls begrüßen, sofern sie den Menschen zu gute kommen und ihnen helfen, ihren Alltag besser zu bewältigen und das Miteinander human zu gestalten.

Hermann Vinke 

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Klaus Göckeritz über ambitionierte Pläne des Runden Tisches (Wümme-Zeitung 16.03.2017)
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Kunstprojekt stellt aus

"Dieses Projekt ist ein Aushängeschild für Bremen"

Sie sind in Bremens guter Stube angekommen.  Sieben junge Künstler des Malprojektes von Jule Stegemann-Trede und Silke Gunkel stellen ihre neuen Werke noch bis zum 6. April im Evangelischen Informationszentrum Kapitel 8, Domsheide 8, aus.

Die Ausstellungseröffnung am 6. März stieß auf ein großes Interesse. Sentatorin Anja Stahmann war auch dabei, zeigte sich sehr beeindruckt von den Zeichnungen und Acryl-Gemälden von Abbas, Amir, Bismillah, Mohammad, Mojtaba, Mustafa und Sadiullah. Landesdiakonie-Pfarrer Manfred Meyer nannte das Projekt "ein Aushängeschild für das Bundesland Bremen", das in Borgfeld, in der Notunterkunft in der Sporthalle "Am Saatland" gestartet wurde, unterstützt vom Runden Tisch Borgfeld und vom Lions Club Wümme. 

 

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Minderjährige Afghanen stellen ihre Bilder im evangelischen Kapitel 8 aus (Christian Markwort, Stadtteilkurier Mitte 09.03.2017)
Gemalte Gefühle WK Mitte 2017-03-09.pdf
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Podiumsdiskussion zur Lage der geflüchteten Jugendlichen in Bremen

Jugendhilfe zweiter Klasse?

Auch wenn „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ heute nicht mehr in Turnhallen und Zelten leben müssen, sind längst noch nicht alle Jugendlichen adäquat untergebracht.  Auch nach eineinhalb Jahren sind für viele junge Geflüchtete Unterkünfte mit mehr als 100 Bewohner*innen, fehlende Bezugsbetreuer*innen und Fast-Food-Gutscheine anstelle einer warmen, selbst gekochten Mahlzeit noch Alltag.  Andere haben mehr Glück: Sie genießen die Vorzüge kleiner Wohngruppen, bekommen individuelle Hilfen und Unterstützung – auch von Ehrenamtlichen.

Woher kommen diese Unterschiede in der Betreuung? Wie geht es den einzelnen Jugendlichen damit? Wovon profitieren sie? Wie können wir sie noch besser unterstützen und fördern? Diesen Fragen widmen wir uns in der Podiumsdiskussion "Jugendhilfe zweiter Klasse?", die im Rahmen der Ausstellung "Der Flug des Stiftes" im Kapitel 8 stattfinden wird. Ausgestellt sind im Rahmen der Ausstellung der Diakonie Bremen Zeichnungen und Acrylbilder von sieben jugendlichen Afghanen, die im Rahmen eines Kunstprojektes im Gröpelinger Atelier „Jules-Art“ entstanden sind. Sie ist vom 6. März bis 6. April zu den Öffnungszeiten des Kapitel 8, Domsheide 8, zu sehen: montags bis freitags von 11 bis 17 Uhr sowie samstags von 11 bis 14 Uhr. Termin: Donnerstag, 23. März 2017, 18.00 Uhr. Ort: Kapitelhaus, Raum S3 (2.OG), Domsheide 8, 28195 Bremen

 

Gäste:

  • Udo Casper (Grundsatzangelegenheiten unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge u. Asylbewerber bei der Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration & Sport)
  • Sofia Leonidakis (Die Linke)
  • Dr. Magnus Buhlert (FDP)
  • Bettina Grotjahn (Fluchtraum e.V.)
  • Leta Pilgrim (Pädagogische Leitung, WolkenKratzer)
  • Moderation: Katharina Mild

Zweite Praktikumsbörse in Borgfeld

Ein kleiner Beitrag zum künftigen Berufseinstieg

Wie bereits im vergangenen Jahr, so organisierte auch dieses Mal der Runde Tisch wieder eine Praktikumsbörse. Die Schulleitung der Grundschule Borgfeld war so nett, uns dafür ihre Aula zur Verfügung zu stellen. So warteten einige fleißige Helfer am ersten Donnerstag im März am frühen Nachmittag darauf, dass die Schulkinder in der Aula ihr Mittagessen beendeten, damit mit dem Möbelrücken begonnen werden konnte. Schnell wurde die Schulkantine gereinigt und in eine „Mini-Messe“ umgewandelt. Flugs wurden ein paar Stellwände aufgestellt, dazu einige Schultische zu Beraterplätzen umfunktioniert und auch eine „Kaffeebar“ durfte nicht fehlen. Eine der Stellwände wurde mit zahlreichen Steckbriefen von Betrieben aus Borgfeld, Lilienthal und Horn-Lehe bestückt, so dass sich unsere Flüchtlinge informieren konnten, wo im einzelnen Praktika angeboten werden. Dazu gesellte sich die BLG mit einem Stand, an dem drei nette junge Damen später berufsorientierte Informationen rund um das Thema „Logistik“ gaben.

Pünktlich um 15.30 Uhr trafen die ersten Flüchtlinge aus Lilienthal in Begleitung der Lilienthaler Flüchtlingskoordinatorin Yvonne Ahmed ein. Denn erstmals hat der Runde Tisch in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit den Lilienthaler Vertretern eine übergreifende Praktikumsbörse auf die Beine gestellt. So wurden an den Beratertischen „Borgfeld“, „Haferwende“, „Lilienthal“ sowie „Daimler/Bremer Heimstiftung“ einzelne Praktikumswünsche aufgenommen und vermittelt. Nach und nach trafen dann auch jugendliche Flüchtlinge aus der Borgfelder Warft und dem Rethfeldsfleet samt ihrer Betreuerinnen ein. Besonders hilfreich war auch die Anwesenheit von zwei Willkommenslotsen, die normalerweise im Hause der Handelskammer sitzen und u.a. zum Thema „Einstiegsqualifizierung“ informierten.

Nach etwas mehr als zwei Stunden neigte sich die Praktikumsbörse ihrem Ende zu und wir Organisatoren waren uns einig, einen kleinen Beitrag zum künftigen beruflichen Einstieg „unserer“ Flüchtlinge geleistet zu haben.

Uwe Rosenberg

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Petra Scheller über die 2. Praktikumsbörse in Borgfeld (Wümme-Zeitung 07.03.2017)
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Der junge Mann am Technik-Pult

Ali sorgt für das passende Licht und den guten Ton

Ali Alizadeh, so heißt der junge Mann Mann, der für die Kleine Bühne Borgfeld die technische Schaltzentrale bedient. Der 18jährige stammt aus Afghanistan, gehört zu den über 80 jugendlichen Geflüchteten, die im Oktober 2015 in der Sporthalle "Am Saatland" notdürftig untergebracht wurden. Wie so viele "unserer Jungs" ist Ali Borgfeld erhalten geblieben. Einmal dadurch, dass er in der Firma von Alexander Keil zunächst ein Praktikum absolviert, im Sommer mit der  Ausbildung zur IT-Systemfachkraft begonnen hat. Sein zweiter Bezug zu Borgfeld: Für das Stück "Neurosige Zeiten", der aktuellen Produktion der Kleinen Bühne Borgfeld, zieht er im Hintergrund die Fäden, besser gesagt schiebt er die Regler für Licht und Ton. Er macht das nach Aussage des Ensembles mittlerweile routiniert. Bei der Generalprobe am 16. Februar konnten wir uns davon überzeugen. Alles klappte. Ali war stets im Bilde, hatte im Drehbuch seine Einsätze mit grünem Textmarker versehen.

Seit er in Bremen lebt, ist Alis Entwicklung rasant verlaufen. Er spricht fließend deutsch, befindet sich in der dualen Ausbildung, und das in einem anspruchsvollen Beruf. Zusammen mit Omid, einem seiner Freunde, mit denen er die vier Monate in der Borgfelder Halle verbrachte, wohnt Ali in einer vierköpfigen afghanisch-deutschen Wohngemeinschaft in Bremen-Mitte. Bei den deutschen Mitbewohnern handelt es sich um Studierende. Ein Projekt mit Seltenheitswert, das unbedingt Nachahmer verdient hat.

Übrigens war die Generalprobe nicht mißglückt. In Zeiten, in denen die althergebrachten Regeln für die Landwirtschaft, das Wetter und die Schauspielerei keine Aussagekraft mehr haben, gehen wir davon aus, dass dies ein gutes Omen ist.

Ali in seinem Element. Unten rechts: Inge Goldmann mit drei ihrer Jungs aus der Wohngruppe Rethfeldsfleet.

Informationen vom Runden Tisch

Neues vom Runden Tisch

Zweite Ausstellung des Kunstprojektes: Der Flug des Stiftes

Sieben afghanische, minderjährige, allein geflüchtete Jugendliche stellen ihre Kunstwerke im Evangelischen Informationszentrum „Kapitel 8“, Domsheide 8, unter dem Titel „Der Flug des Stiftes“ aus. Die Zeichnungen und Acrylbilder sind im Rahmen eines Kunstprojektes im Atelier „ Jules-Art“ (in Gröpelingen) entstanden. Die Ausstellung, organisiert von der Diakonie Bremen, kann vom 6. März bis 6. April zu den Öffnungszeiten des Kapitel 8 angesehen werden (Montag bis Freitag von 11 bis 17 Uhr und Samstag von 11 bis 14 Uhr).

Die Eröffnung, zu der auch die Jugendlichen kommen werden, findet am 6. März um 17 Uhr im Kapitel 8 statt. Alle Interessierten sind dazu herzlich eingeladen. Das Grußwort wird die Senatorin für Soziales, Jugend, Frauen, Integration und Sport, Anja Stahmann halten.

 

Das von Silke Gunkel und Jule Stegemann-Trede ehrenamtlich initiierte Kunstprojekt, startete in der Borgfelder Turnhalle am Saatland, in der die Jugendlichen im Winter 2015 vorübergehend notuntergebracht waren. Seit April 2016 steht das Atelier „ Jules-Art“ in der Kap-Horn-Strasse in Gröpelingen für das Projekt zur Verfügung.

 

Die sieben afghanischen, minderjährigen, allein geflüchteten Jugendlichen (Mohammad, Amir, Mustafa, Abbas, Mojtaba, Bismillah und Sadiullah), die nun im Kapitel 8 ausstellen, sind von Anfang an bei dem Kunstprojekt dabei. Sie kommen mindestens einmal in der Woche, um an dem Malkurs teilzunehmen. Es gibt dabei auch die Möglichkeit, neue Kursteilnehmende aus anderen Herkunftsländern kennenzulernen. „Das gemeinsame Interesse ist die Malerei, die gemeinsame Sprache ist Deutsch und gemeinsam ist auch der Wunsch, sich in dieses neue Land zu integrieren“, sagt Jule Stegemann-Trede. Das Kunstprojekt sei für die Jugendlichen gerade mit Blick auf die Unterkunftswechsel eine konstante Größe.

 

„Das Malprojekt soll den Jugendlichen ermöglichen, ein eigenes Interesse zu entwickeln, einer Gruppe von Gleichgesinnten anzugehören, mal Abstand zu den Alltagssorgen zu bekommen, den Gefühlen malerisch Ausdruck zu verleihen oder auch ihr Talent zu fördern“, sagt Silke Gunkel. Trotz all der auch traurigen Geschichten, die die Jugendlichen erzählen, sei die Atmosphäre im Atelier sehr fröhlich. „Es ist ein Ort des Wohlfühlens, des Vertrauens und des gegenseitigen Respektes“, so Gunkel.

 

Ziel dieser Ausstellung soll es auch sein, den jungen Männern zu helfen, sich der Verallgemeinerung ihrer Persönlichkeiten entgegenstellen, die mit der Bezeichnung „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ (kurz „UmF“) einhergeht. „Durch die Kunst zeigen sie ihr Gesicht, ihre Individualität und ihr Können“, betont Stegemann-Trede.

 

Der Titel „Der Flug des Stiftes“ wurde von den Jugendlichen selbst gewählt. Er ist aus dem Persischen frei übersetzt und bedeutet „die Freiheit des künstlerischen Schaffens“.

Praktikumsbörse

Am 2. März (Donnerstag) veranstaltet der Runde Tisch wieder eine Praktikumsbörse für die Jugendlichen. Sie findet von 15.30 bis 18.00 Uhr in der Aula der Borgfelder Grundschule statt. 

Nachhilfe

Gesucht werden Menschen, die Zeit und Lust haben einzelnen Jugendlichen in der Warft und in der Hans-Wendt-Stiftung Nachhilfe zu geben. Vor allem in Deutsch und in Mathematik. Kontakt: info@runder-tisch-borgfeld.de 

Fahrradwerkstatt

Das Team der Fahrradwerkstatt (Borgfelder Warft) kann dringend Verstärkung gebrauchen. Gerade jetzt, wo der Frühling naht, liegt wieder eine Menge Arbeit an. Interessenten können sich bei Ulrich Amediek melden (Tel.73998).


Runder Tisch am 7. Februar

Runder Tisch organisiert Praktika

 

Der Runde Tisch Borgfeld, der sich um jugendliche Flüchtlinge kümmert, kommt am Dienstag, 7. Februar, um 19.30 Uhr zu seinem nächsten Plenum im Sitzungssaal des Ortsamtes Borgfeld, Borgfelder Landstraße 21, zusammen. Da die Zukunft der Warft bis Ende 2018 gesichert ist, geht es um die künftige Zusammenarbeit mit dieser Einrichtung. Ein weiteres Thema ist die für Anfang März in der Aula der Grundschule Borgfeld geplante Praktikumsbörse. Die Vorbereitungen dafür laufen bereits. Bei der Vermittlung von Praktika für die jugendlichen Flüchtlinge streben die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer eine Zusammenarbeit mit der Gemeinde Lilienthal und dem benachbarten Stadtteil Horn-Lehe an. Die erste Praktikumsbörse hatte im vergangenen Jahr bei den hiesigen mittelständischen Betrieben ein positives Echo ausgelöst. Schließlich gibt es Statusberichte über laufende Projekte im Bereich Kunst und Musik.

Afghanistan

Dramatische Lage in Afghanistan

Die Lage in Afghanistan ist dramatisch. Die Zahl der zivilen Opfer steigt. Einem aktuellen UNHCR-Bericht zufolge ist das ganze Land von gewaltsamen Konflikten erfasst. Doch das Bundesinnenministerium forciert weiter Abschiebungen nach Afghanistan: Sehenden Auges wurden Menschen mit einem Sammelflug am vergangenen Montag in ein Kriegs- und Krisengebiet abgeschoben, wo ihnen Gefahr für Leib und Leben droht.

Die Kritik an Abschiebungen nach Afghanistan wächst: Vertreter der Kirchen in Deutschland bezeichneten die Abschiebungen als »humanitär unverantwortlich«, der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert ebenso wie PRO ASYL einen Abschiebestopp.



Feiertage in der Warft

Stimmungsvolle Feiertage in der Warft

Auch in der Warft wurde in der Weihnachtszeit und an Silvester viel gefeiert. Um in Stimmung zu kommen, durfte die richtige Dekoration nicht fehlen. Dafür  gab es eine gemeinsame Bastelaktion. Mit Hilfe von Luftballons, Wolle und Kleister haben wir Bälle gebastelt und an eine Lichterkette geklebt. Sieht doch gleich viel schöner aus!

Was wäre das Warten auf Weihnachten ohne einen Adventskalender? Jedes Team bastelte deshalb einen eigenen Adventskalender für die Jungs. So durfte jeder Jugendliche insgesamt drei Päckchen morgens vor der Schule öffnen. Dank einer anonymen Spende konnten sich die BetreuerInnen  richtig was einfallen lassen. Der Nikolaus brachte dann neben Hygieneartikeln, Taschenlampen und Gutscheinen auch noch Schokoweihnachtsmänner und warme Wintersocken für jeden!

Besuch gab es von den Kindern des Turn- u. Sportvereins Borgfeld. Wirklich toll war es, wie sie alle zusammen vor der Tür Weihnachtslieder anstimmten und der Warft einen Riesenkorb mit leckeren Süßigkeiten und Mandarinen stifteten.

Am 24. Dezember stieg die Vorfreude auf den Abend dank eines bunten Weihnachtsbaums. Besonders als die Geschenke der Borgfelder Nachbarschaft (Weihnachten im Schuhkarton) unter dem Baum lagen, war es auf einmal ganz wichtig, pünktlich mit der Bescherung anzufangen. Die Geschenke wurden den Jugendlichen nacheinander unter großem Applaus aller Anwesenden überreicht. Auch das gemeinsame Essen danach sorgte für eine entspannte und schöne Stimmung.

Nach einer kleinen Erholungspause ging es an Silvester mit dem Feiern und einem gemeinsamen Raclette-Essen in der Warft weiter. An diese Essensart mussten sich die Jungen erst gewöhnen, denn  auf die kleinen Pfännchen passt nun mal nicht sehr viel, und dann muss man auch noch warten, bis der Käse geschmolzen ist! Doch der Plan der BetreuerInnen, in gemütlicher Runde zusammen zu sitzen, ging auf, und alle brutzelten gut zwei Stunden im Gemeinschaftsraum vor sich hin. Viele der Jungs zog es danach auf die Straßen, um dort dem Spektakel zum Jahreswechsel beizuwohnen. So begrüßten  wir draußen das neue Jahr und ließen ein paar Raketen steigen. Für die Jugendlichen sowie die Betreuer und Betreuerinnen war es ein rundum schönes Fest mit viel Glitzer, leckerem Essen und einem gelungenen Start ins neue Jahr 2017.

Maren Solbrig und Laura Güßmann

Abbas, Mustafa, Tarik: So haben wir 2016 erlebt

Für sie endet das Jahr 2016 positiv

Abbas, Mustafa und Tarik im Gespräch mit Weser Kurier und Wümme-Zeitung


Am letzten Tag des Jahres lassen Weser Kurier und Wümme-Zeitung drei "unserer Borgfelder Jungs" ausführlich zu Wort kommen: Abbas und Mustafa berichten dem Weser Kurier, wie sich für sie die schulische Situation verändert hat, seit sie im März mit einem viel beachteten Offenen Brief auf die mangelhafte Versorgung mit Schulplätzen hingewiesen hatten. In der Wümme-Zeitung wird Tarik, der fleißige Berufsschüler, der talentierte Boxer, der hilfsbereite junge Algerier vorgestellt.

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Sara Sundermann über Abbas und Mustafa (Weser Kurier 31.12.2016)
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Petra Scheller über Tarik (Wümme-Zeitung 31.12.2016)
Wümme Zeitung 2016-12-31.pdf
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Borgfelder Warft: Bauantrag wird um zwei Jahre verlängert

Eine gute Nachricht

Nun ist es amtlich. In der Borgfelder Warft können für zwei weitere Jahre schutzbedürftige junge Flüchtlinge pädagogisch betreut werden. Wie die Wümme-Zeitung berichtet, stimmt die zuständige Baubehörde dem Verlängerungsantrag des Sozialressorts zu. 

Für die 32 Jugendlichen, die aktuell in der Einrichtung am Hamfhofsweg leben, ist es eine gute Nachricht. Sie müssen nicht in eine andere Unterkunft ziehen. Auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Warft sind es positive Neuigkeiten. Ihre Arbeitsplätze sind für weitere 24 Monate gesichert. Das Team von Brunhild Christoph kann die allseits anerkannte engagierte Arbeit fortsetzen. Und für den Runden Tisch und die vielen Freiwilligen bedeutet die Entscheidung der Baubehörde, dass es mit Nachhilfe, Fahrradwerkstatt, Sport im Verein, mit der Vermittlung von Praktikumsplätzen, ehrenamtlichen Vormundschaften und anderen Aktivitäten in Borgfeld weitergeht.

Hanns Gunschera und Hermann Vinke , die beiden Sprecher des Runden Tisches, hatten sich Ende November schriftlich an den Senator für Umwelt, Bau und Verkehr gewandt, um für eine Verlängerung des Bauantrags zu werben.  Hier der Wortlaut:

 

Betr.: Zukunft der Flüchtlingseinrichtung Borgfelder Warft

 

Sehr geehrter Herr Senator,

sehr geehrte Damen und Herren,

 

seit dem 17. November 2016 liegt Ihrer Behörde ein Antrag der Senatorin für Soziales auf eine Verlängerung der baurechtlichen Genehmigung um zwei Jahre für die Borgfelder Warft als Einrichtung für unbegleitete jugendliche Flüchtlinge vor. Die Frist für eine Genehmigung läuft am 12. Dezember 2016 ab.

Als Sprecher des Runden Tisches Borgfeld, der sich seit über eineinhalb Jahren ehrenamtlich um diese Flüchtlinge kümmert, bitte wir Sie, diesem Antrag fristgerecht zu entsprechen, damit die Warft fortbestehen kann. Wir haben den Eindruck, dass die Mehrheitsfraktion im hiesigen Beirat juristische Hürden aufbaut, um die Frist zu kippen. Die Ursache für ein Ende der Warft läge aus deren Sicht dann bei der Sozialbehörde, die den Antrag zu spät gestellt habe. Diese Argumentationslinie zeigte sich erneut auf der Sitzung des Beirates Borgfeld am 22. November 2016, auf der Frau Dr. Heidemarie Rose die Pläne für eine Verlängerung erläuterte.

Nach unserer Überzeugung hat Borgfeld einen eigenen Beitrag zur Integration von Flüchtlingen zu leisten. Unser Bemühen um eine Eingliederung durch Sprachunterricht, vielfältige Freizeitaktivitäten, durch Kunst- und Musikprojekte sowie einen eigenen Internetauftritt und einen Newsletter findet große Anerkennung und stützt sich auf eine breite Unterstützung aus der Bevölkerung.

Die inzwischen feststehende Schließung der Landgaststätte Hein Heuer  als Flüchtlingsunterkunft zum Jahresende bedeutet bereits einen Einschnitt in unsere Arbeit. Die Warft ist eine funktionierende Einrichtung, die nach Auskunft aller Stellen einschließlich der Polizei seit ihrem Bestehen keine nennenswerten Probleme verursacht hat. Aus unserer Sicht gibt es keine sachlichen Gründe, die Unterkunft zu schließen, sondern nur vorgeschobene formale Einwände.

Daher unsere Bitte, dem Antrag der Senatorin für Soziales bald zu entsprechen bzw. gegebenenfalls für das Verfahren eine Fristverlängerung einzuräumen, damit das behördliche Procedere seinen Gang gehen kann. Womöglich ist auch eine Sondergenehmigung denkbar, da die Unterkunft sich längst bewährt hat. Die Auseinandersetzung um diese Einrichtung führt schon jetzt zu einer Verunsicherung der MitarbeiterInnen der Warft und schadet letztlich den jugendlichen Flüchtlingen.

Mit freundlichen Grüßen

Prof. Dr. Hanns Gunschera

Hermann Vinke

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Petra Scheller: Baugenehmigung wird verlängert (Wümme-Zeitung 21.12.2016)
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UNICEF - Foto des Jahres 2016

Die Verteidigung des Lächelns

 

UNICEF zeichnet den iranischen Fotografen Arez Ghaderi für sein Porträt eines lächelnden Nomadenmädchens mit dem ersten Preis des Wettbewerbs „UNICEF-Foto des Jahres 2016“ aus. Das strahlende Lächeln des Mädchens macht das Foto zu einem Symbol für die Widerstandskraft, mit der Kinder immer wieder selbst schwierigsten Lebensumständen ihr Recht auf Unbeschwertheit entgegensetzen. Den zweiten Preis gewinnt der in Köln lebende Fotojournalist Ali Nouraldin für eine Momentaufnahme im Flüchtlingslager Idomeni an der griechisch-mazedonischen Grenze. Er hält eine Stunde der Verzauberung fest, in der Kinder in einem Behelfskino unter nächtlichem Himmel gebannt einen Film verfolgen. Der dritte Preis geht an den syrischen Fotografen Mohammed Badra. Sein Foto zeigt zwei festlich gekleidete Mädchen vor einer mit Einschüssen übersäten Wand in der umkämpften syrischen Stadt Duma, nahe Damaskus.

 

„Arez Ghaderi hat einen Moment des „Trotzdem“ eingefangen“, sagte die aus dem Iran stammende und in Deutschland aufgewachsene Schauspielerin Jasmin Tabatabai bei der Preisverleihung in Berlin. „In unserer Welt voller Katastrophen vermittelt sein Foto die Hoffnung, dass selbst elende Lebensumstände die Fröhlichkeit und spielerische Leichtigkeit von Kindern nicht völlig zerstören können."

 

„Armut kann nicht glücklich machen. Nirgendwo. Aber im UNICEF-Foto des Jahres 2016 offenbart sich ein Kinderrecht: das Recht, manchmal einfach unbeschwert zu sein“, sagte Peter-Matthias Gaede, Vorstandsmitglied von UNICEF Deutschland.

 

„Die Bilder und Reportagen des Wettbewerbs belegen die Offenheit und Beobachtungskraft, mit der sich Fotojournalisten auf die Welt der Kinder einlassen“, sagte Prof. Rolf Nobel, Vorsitzender der Jury unabhängiger Fotoexperten. „Statt unsere medial erzeugten Erwartungen mit spektakulären Bildern zu bedienen, erzeugen sie Einfühlung und Verstehen.“

© Arez Ghaderi, freier Fotograf

 

Das Siegerbild: Die Verteidigung des Lächelns

 

Ein tapferes Lächeln, vielleicht sogar ein Augenblick wirklicher Freude. Es ist diese Widerstandskraft, diese Strahlkraft eines Mädchens auf einer Müllhalde im Iran, die das Bild des im Westen weithin unbekannten Fotografen Arez Ghaderi zu einem Symbolbild macht. Zum Ausdruck einer manchmal auch verzweifelten Hoffnung. Der 27 Jahre alte Iraner, als freier Fotograf arbeitend, hat das Mädchen in einer provisorischen Zeltstadt irgendwo in der Razavi-Khorasan Provinz getroffen. Belutschen-Familien aus der Grenzregion zu Afghanistan und Pakistan haben sich hierher aufgemacht auf der Suche nach neuen Chancen. Während die Erwachsenen in nahen Dörfern nach Arbeit suchen, streunen die Kinder über Plastikberge, um aus ihnen herauszuklauben, was noch nutzbar sein könnte. Eine Kindheit, wie wir sie kennen, haben diese Mädchen und Jungen nicht. Aber sie spielen – und verteidigen ihr Lächeln gegen die erdrückende Macht von Armut und Not.

 

Im Iran gelang es in den letzten 25 Jahren die Kindersterblichkeit von 54 auf 16 Todesfälle pro tausend Neugeborene zu senken. Die Alphabetisierungsrate stieg von 54 auf 85 Prozent. Aber ähnlich wie in anderen Schwellenländern haben hier viele Kinder eine sehr harte Kindheit.

© Ali Nouraldin, Palästina, Agentur laif

 

2. Preis: Stunde der Verzauberung

 

 

Es ist Nacht angebrochen in Idomeni. Eine Nacht zwischen weiteren Tagen des Wartens, der Bewegungslosigkeit, der Ungewissheit. Über 12.000 Flüchtlinge, meist aus Syrien und in der Mehrzahl Kinder und Jugendliche, harrten im Frühjahr 2016 hier an der griechisch-mazedonischen Grenze aus; gestoppt auf ihrem Weg nach Deutschland, von dem viele träumen. Freiwillige Helfer haben ein Behelfskino unter freiem Himmel aufgebaut, um sie aus der Lagerrealität zu entführen und ihre Gedanken verreisen zu lassen. Der 1985 im Gaza-Streifen geborene, gegenwärtig in Köln lebende und für internationale Medien arbeitende Fotojournalist Ali Nouraldin, hat diese Stunde der Verzauberung während eines längeren Aufenthalts in Idomeni eingefangen. Besonders berührt haben ihn die ebenso bangen wie hoffnungsvollen Fragen, die ihm immer wieder von den Flüchtlingen gestellt wurden. So griff ein kleines Kind nach seiner Hand und ließ sich erwartungsvoll von den Schulen in Deutschland erzählen.

© Mohammed Badra, Syrien, epa 

 

3. Preis: Die Kinder, die aushalten müssen

 

 

Duma, die neuntgrößte Stadt Syriens, nicht weit von Damaskus. Eine Stadt im Krieg, voller apokalyptischer Szenen, voller Begegnungen mit Blut, Schmerz und Tod. Auch für die Kinder. Der in Duma geborene und für die Agentur epa arbeitende Fotojournalist Mohammed Badra hat ursprünglich Architektur studiert. Doch der Krieg wandelte ihn: Er wurde zum Zeugen der Ereignisse, er leistete erste Hilfe für den Roten Halbmond, die Schwesterorganisation des Roten Kreuzes und engagierte sich in der psychologischen Betreuung von Opfern des Bürgerkriegs. Badras Bild der beiden festlich gekleideten Kinder, der feste Blick des Mädchens in Weiß, der unruhige Blick des Mädchens in Rot, die mit Einschusslöchern übersäte Wand – ein fast surrealer Moment im Waffengetöse. Wovon auch seine Aufnahmen unterirdischer Spielplätze zeugen. Laut UNICEF leben in Syrien derzeit über eine halbe Million Kinder in belagerten Städten.


El Pais über Deutschland und die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge

Der Weg der Integration

Auch Ali hat seine Geschichte erzählt. Ali ist einer von dutzenden Jugendlichen, die Belén Dominguez Cebrián auf ihrer Reise durch Deutschland getroffen und befragt hat. Die Journalistin von El Pais (Madrid) hat im Oktober auch in Borgfeld Station gemacht. Sie ist der Frage nachgegangen, wie es in Deutschland um die Integration der unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten bestellt ist. Und das ist Alis Antwort:

Das erste, was man machen muss, ist Deutsch zu lernen“, erklärt Ali, ein afghanischer Lichttechniker in einem ortsansässigen Amateurtheater, der, nachdem er als Flüchtling im Iran lebte, zusammen mit seinem älteren Bruder vor 14 Monaten nach Bremen (im Nordwesten Deutschlands) kam. „In der Türkei arbeitete ich 15 Stunden am Tag auf einem Bauernhof “, klagt er, zeigt den Mittel nger seiner rechten Hand und sagt: “Ich habe mich beim Reinigen einer der Maschinen geschnitten“, eine Episode, die den Anfang seiner Reise markiert. „Meine Mutter zahlte 1000 Euro an die Mafia und man setzte mich mit 40 anderen Personen in ein Boot nach Griechenland. Es war die Hölle“, erzählt er. Ali hat gerade sein 18. Lebensjahr vollendet und konnte schließlich in einem alten Hotel bleiben, das in ein Wohnheim für 120 minderjährige Flüchtlinge umgewandelt wurde, um in einem Zimmer mit zwei Studenten der Universität Bremen zu wohnen. Er schaut durch seine schwarz umrandete Brille: „Hier werde ich in Zukunft dazu gehören“. Und es ist ein Gedanke, den die Mehrheit der zigtausend Jugendlichen verfolgen, Jugendliche, die zwischen 2015 und 2016 allein nach Deutschland kamen. Eine Rückkehr gehört nicht zu ihren Planungen. 


Die Reportage

Die multimediale Reportage von Belén Dominguez Cebrián ist Mitte November auf der Online-Plattform von El Pais ins Netz gestellt worden. Hier der Link (klicken).

Die Übersetzung

Uwe Rosenberg hat die Reportage für uns übersetzt.

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B. Dominguez Cebrián: Der Weg der Integration
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Preisgekröntes Gedicht eines afghanischen Geflüchteten

"In jedem Land sind manche schlechter im Gutsein"

Wir veröffentlichen an dieser Stelle das Gedicht des afghanischen Asylbewerbers Mohammad Ibrahim Rahimi, der als Sieger aus dem Wettbewerb einer österreichischen Kunstinitiative hervorgegangen ist. In Österreich lebende Flüchtlinge und Migranten waren aufgefordert, im Rahmen der ironisch gemeinten Ausschreibung "enjoy austria"  eine "Ode an Österreich" zu verfassen. 

Das Gedicht UNVATERLAND  drückt die Zerrissenheit der Geflüchteten auf beeindruckende Weise aus.

Hier nun das Gedicht im persischen Original und in der deutschen Übersetzung.

 

سرزمین غیرمادری

 

ما در جایی بزرگ شدیم که آرزو داشتیم آسمانش آبی شود
حال در جایی زندگی می کنیم که آرزو داریم به سرسبز  ماندن گل هایش
در فاصله های بین مرز ها جا گذاشته ایم
هر آنچه را که برایمان تسلی بخش درد ها میشود
درون اتاق های کوچک مان قاب عکسی است
که توسط چشم های عادی دیده نمی شود
تصویر هایی از خانه و خانواده می رقصند در سقف
رخ معشوق را هر چه میگردم به دنبالش، گم تر می شود
بوی گل های این سرزمین خوش قلب و تمیز
هیچ وقت بوی آزادی گل های میهن مان را نمی دهد
در بین این همه نعمت و باران و فزون
راه رفتن را می توانم، اما سینه ام سپر نمی شود
در بین زنبور های پر تلاش و خسته 
هرگز کسی شهد گل من را نمی نوشد
باد مخالف برای غرق کردن کشتی ام
چشم در چشم باد موافق زور میزند
من همانند برگ های رنگی پاییز این کشورم
که به احترام زنان مهاجر، زیر پایشان را جارو میزنند
من همان فرشته ی مرگی هستم که این بار
برای زنده کردن حقوق زن در آن روح می دمد
من غزال تیز پای گرسنه ای هستم که
باید انقدر صبر کنم تا زیر پایم علف سبز شود
حکایت من حکایت همان پرستویی است
که کوچ را نه بلکه کوچ او را می کند
سزاوار یک زندگی ساده در این شهر زیبا هستم یا نه؟
یا که خداوند یک جنگ دیگر برایم هدیه می دهد؟
در این سرزمین پر از باند های کوچک
چرا یک باند مناسب زخم من پیدا نمی شود؟
این چشمان رنگی چنان به من خیره می مانند که
گویی مقصر تمام این بدی ها فقط منم!
درون مترو های زیبا این پرستو می نشیند
تا در سرزمین عقاب ها جایی برای پرواز پیدا کند
امثال من درون این خیابان ها پر اند
به کلیسای بزرگ بگو که آهنگ دوستی را سر کند
بگو به گنبد سبز روی پارک پر درخت
این آهنگ ها ست که درد دل من را کم میکند 
اگر به رسم دنیا و زمین نگاه کنی
درون هر سرزمین یک عده در خوب بودن بدترند
به تمام زیبایی های این سرزمین بی کینه قسم
با یک فرصت کوچک تمام این گره ها را می گشایم

Unvaterland    

 

Wir wuchsen auf in einem Ort, dessen Himmel wir kornblau wünschten

Nun leben wir in einem Ort, dessen Blumen hoffen wir immergrün zu bleiben

In der Ferne, zwischen den Grenzen, hinterliessen wir alles

Was unseren Schmerzen Trost schenkte

In unseren kleinen Zimmern, gibt es Bilderrahmen

Die mit gewöhnlichen Augen nicht erkennbar sind

Bilder von zu Hause und Familie tanzen an der Decke

Je mehr ich das Gesicht der/des Geliebten suche, um so mehr verliere ich es

Der Duft der Blumen in diesem reinen und gutherzigen Land

Riecht nie wie der Duft der Freiheit von Blumen unserer Heimat

Unter all dem Segen und Regen und Wohlstand

Gehen kann ich, jedoch nicht aufrecht

Zwischen den fleißigen und ermüdeten Bienen

Niemand trinkt den Nektar meiner Blume

Um mein Schiff zu kentern strengt sich der Gegenwind gegen den günstigen Wind an 

Ich bin wie die bunten Herbstblätter dieses Landes

Die zu Ehren von Migrantinnen, gefegt werden

Ich bin der Engel des Todes, der dieses Mal

zur Wiederbelebung der Frauenrechte einhaucht

Ich bin eine geschwinde hungrige Gazelle

Die bis in die Ewigkeit warten muss

Meine Geschichte ist die Geschichte einer Schwalbe

Die nicht wandert, sondern zum Zug gezwungen wird

Bin ich eines einfachen Lebens in dieser schönen Stadt würdig?

Oder schenkt mir Gott noch einen weiteren Krieg?

In diesem Land voll von kleinen Vereinen

Warum findet man kein geeignetes Pflaster für meine Wunde?

Diese farbigen Augen starren mich so an

Als ob ich allein die Schuld an all diesem Übel trage

In der schönen Ubahn setzt sich die Schwalbe

Damit sie im Land der Adler einen Platz für den Abflug findet

Die Straßen sind voll von Menschen wie ich

Sag der großen Kirche ein Liebeslied zu singen!

Sag der grünen Kuppel in einem bewaldeten Park

Die ist die Musik, die meine Herzschmerzen lindert

Wenn man so die Welt betrachtet

In jedem Land sind manche schlechter im Gutsein

Schwöre auf die ganze Schönheit dieses barmherzigen Landes

Eine kleine Chance und ich werde all die Probleme lösen

 

 

Übersetzung: Neda Hoseinyar

Lektorat: Gorji Marzban


Mohammad Ibrahim Rahimi wurde mit UNVATERLAND zum Preisträger des (österreichischen-bundesweiten) Wettbewerbs ENJOY AUSTRIA (ÖSTERREICH GENIESSEN) gewählt.

ENJOY AUSTRIA ist ein künstlerisch-politisches Projekt um die österreichische Asyl- und Integrationspolitik von der Kuratorin Katalin Erdödi und der Künstlerin Núria Güell, gefördert durch SHIFT/Stadt Wien.

www.enjoyaustria.org.


Die Warft soll bleiben

Borgfelder demonstrieren für den Erhalt der Warft

Am 3. Dezember haben eine Reihe von Borgfeldern für den Erhalt der Warft demonstriert (Foto: Hasselberg, Wümme-Zeitung). 

 

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Die Warft soll bleiben (Wümme-Zeitung vom 5. Dezember 2016)
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Borgfelder Grüne organisieren Unterstützung für Warft

Umzug der besonderen Art

Für den 3. Dezember planen die Grünen in Borgfeld einen Umzug der besonderen Art: "Borgfelder Warft soll bleiben!", so lautet das Motto der Veranstaltung, die um 12 Uhr an der Kreuzung Borgfelder Heerstraße/Borgfelder Allee startet. 

In der Einrichtung am Hamfhofsweg leben 32 unbegleitete minderjährige Geflüchtete. Wenn es nach dem Willen der CDU/FDP-Mehrheit im Beirat ginge, müssten die Jungs schon bald ihre sieben Sachen packen und in andere Unterkünfte ziehen. Das sehen viele Borgfelder Bürger ganz anders. Über 40 aktive Unterstützer des Runden Tisches haben der Warft ein gutes Zeugnis ausgestellt. Das pädagogische Binnenklima ist gut, die Jugendlichen machen große Fortschritte.  

 

 

 

 


Berlin-Neukölln: Unhaltbare Zustände in Notunterkunft

Warum leben Flüchtlinge immer noch in Sporthallen?

Kaum zu glauben, aber wahr. In Berlin leben noch hunderte Geflüchtete in Turnhallen. Und anderswo in der Hauptstadt stehen Wohncontainer seit Monaten leer. Grund: Baurechtliche und vergaberechtliche Vorschriften wurden angeblich nicht eingehalten. Was das mit Borgfeld zu tun hat? In Borgfeld könnten Verfahrensfragen dazu führen, dass eine pädagogisch gut arbeitende Einrichtung geschlossen wird. Jedenfalls dann, wenn es nach der CDU/FDP-Mehrheit im Beirat geht. 32 Jugendliche müssten dann verlegt werden. In Hotels und andere große Einrichtungen. In Stadtteile, die im Vergleich zu Borgfeld wesentlich mehr Geflüchtete aufgenommen haben. Wir fragen die Damen und Herren aus dem Beirat: "Wann waren Sie zuletzt in der Warft? Und wenn Sie die Einrichtung besucht haben, wie haben Sie das Klima im Haus empfunden? Und haben Sie einmal mit den Bewohnern gesprochen?" 

Hier der Link zum Filmbericht über die abschreckende Berliner Situation.


Repräsentative Umfrage

Deutsche und Geflüchtete denken sehr ähnlich

Die seit 2013 eingereisten Geflüchteten zeigen eine hohe Bildungsorientierung. Es gibt viele gemeinsame Wertvorstellungen bei Geflüchteten und Deutschen. Die häufigsten Fluchtursachen sind Angst vor gewaltsamen Konflikten und Krieg. Das sind zentrale Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von mehr als 2300 geflüchteten Menschen über 18 Jahren, die gemeinsam vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), dem Forschungszentrum des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF-FZ) und dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) durchgeführt wurde.

58 Prozent der erwachsenen Geflüchteten haben in ihren Herkunftsländern zehn Jahre und mehr in Schule, Ausbildung und Studium verbracht, im Vergleich zu 88 Prozent bei der deutschen Wohnbevölkerung. 37 Prozent der Geflüchteten besuchten eine weiterführende Schule, 31 Prozent eine Mittelschule, zehn Prozent nur eine Grundschule und neun Prozent gar keine Schule. 31 Prozent waren auf Hochschulen oder beruflichen Bildungseinrichtungen, 19 Prozent erreichten einen Abschluss. Zudem konnten viele Geflüchtete berufliche Fähigkeiten durch Berufserfahrung erwerben: 73 Prozent der Geflüchteten waren vor dem Zuzug nach Deutschland erwerbstätig, im Durchschnitt 6,4 Jahre.

46 Prozent der erwachsenen Geflüchteten streben noch einen allgemeinbildenden Schulabschluss in Deutschland an, 66 Prozent einen beruflichen Abschluss. "Allerdings wäre es voreilig, aus den Bildungsvorhaben Schlussfolgerungen darüber zu ziehen, in welchem Umfang die Geflüchteten tatsächlich Bildungseinrichtungen in Deutschland besuchen und Abschlüsse erwerben werden", heißt es in der am Dienstag erschienenen Studie. Viele Geflüchtete wollen zunächst arbeiten und erst später in Bildung und Ausbildung investieren.

Viele gemeinsame Wertvorstellungen bei Geflüchteten und Deutschen

In ihren Wertvorstellungen weisen die Geflüchteten viele Gemeinsamkeiten mit der deutschen Bevölkerung auf. So unterstützen 96 Prozent der befragten Geflüchteten die Aussage, dass "man ein demokratisches System haben sollte". 92 Prozent sagen, dass "gleiche Rechte von Männern und Frauen" ein Bestandteil von Demokratien sind. Bei der Aussage "wenn eine Frau mehr Geld verdient als ihr Partner, führt dies zwangsläufig zu Problemen" zeigen sich jedoch Unterschiede: Während 29 Prozent der Geflüchteten zustimmen, sind es bei der deutschen Vergleichsgruppe 18 Prozent.

 

Die Studie beruht auf einer im Zeitraum von Juni bis Oktober 2016 durchgeführten repräsentativen Befragung von 2349 Geflüchteten über 18 Jahren, die vom 1.1.2013 bis zum 31.1.2016 nach Deutschland eingereist sind.

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Kurzfassung der Analyse
kurzanalyse5_iab-bamf-soep-befragung-gef
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Das Wolkenkratzer-Team verabschiedet sich

Ein Dankeschön an den Runden Tisch

 

Nach einem Jahr mit vielen bewegenden Momenten wird Wolkenkratzer, derzeitiger Jugendhilfeträger im ehemaligen Landgasthof Heuer, den Standort – wie ursprünglich geplant – mit den Jugendlichen verlassen.

Gerne würden wir vom Wolkenkratzer-Team aus dem Landgasthof Heuer, die seit letzten Dezember für die Betreuung der dort untergebrachten Jugendlichen zuständig waren, diese Plattform nutzen, um uns noch einmal bei allen UnterstützerInnen zu bedanken und ein paar abschließende Gedanken über die ehrenamtlichen Projekte, die mit den Jugendlichen durchgeführt wurden, zu äußern.

Bevor wir uns in dieser Ausführung exemplarisch auf den Freizeitbereich konzentrieren, möchte wir zunächst einen Dank an die Unterstützung der unterschiedlichen anderen Institutionen und Einrichtungen richten: Beginnend mit der Weltschule Borgfeld, die gerade in der Anfangszeit viel Unterstützung geliefert hat und auch im Nachhinein durch gezielte Einzelnachhilfe den Jugendlichen beim Schulstart beistand. Im Punkto Praktika engagierten Sie sich mit Kontakten, sowohl mit der Praktikumsbörse im Gemeindehaus Borgfeld, als auch durch die vielen Einzelkontakte in der näheren Umgebung, von denen die Jugendlichen profitierten. Einige unserer Jungs können nun tolle Praktikumserfahrungen verbuchen.

Im Bereich Freizeit gab es von Ihnen, den Engagierten des Runden Tisches, vielseitiges Engagement:  Außerhalb der Einrichtung führten Sie uns an Initiativen  wie das Freizi, die Pfadfindergruppe Borgfeld oder an den Vereinssport in Borgfeld heran. Dort konnten die Jugendlichen sich bei verschiedenen Sportarten wie Volleyball, Faustball oder auch Ju Jitsu ausprobieren. Wir durften Sie auch im Haus Heuer begrüßen, mit ehrenamtlichen Kunst- und Musikprojekten.

Sie begegneten uns stets mit der Einstellung "wir wollen den Jugendlichen etwas Gutes tun". Auf freiwilliger Basis trafen sich die Jugendlichen zum gemeinsamen Zeichnen, Malen und Musizieren oder einfach nur zum Reden. Beim Mal- und Zeichenprojekt hat sich mittlerweile eine feste Gruppe gebildet, die sogar in einem professionellen Atelier mit verschiedenen Zeichen- und Maltechniken kreativ die Leinwände bearbeitet und ihre Werke auch schon in kleinen Ausstellungen präsentieren durfte. Das Musikprojekt wuchs ebenso und gerade wurde der Kontakt zu einer Musikschule mit regulärem Gitarrenunterricht für einige Interessenten organisiert – eine eigene Band ist geplant.

Durch den freiwilligen Charakter des Angebots war die Gruppe dabei mal größer mal kleiner, mal mit den gleichen Jugendlichen, mal mit neuen Interessenten besetzt, mal wurde laut getrommelt, mal ganz in Ruhe und vertieft gezeichnet. Gerade der offene Flair des Angebots bewirkte bei den Jugendlichen ein angenehmes Wohlbefinden und immer wieder Vorfreude auf die Treffen. Je nach innerer Befindlichkeit des Jugendlichen gab es hier auch den Raum, mal "laut Dampf abzulassen" oder "innerlich zur Ruhe zu kommen". Das hat bei den EhrenamtlerInnen viel Geduld und Flexibilität erfordert – dafür sind wir und die Jugendlichen Ihnen sehr dankbar.

Nach und nach hat sich in den Projekten ein fester "Gruppenkern" gebildet, der sich teilweise nun auch eigenständig mit den EhrenamtlerInnen verabredet, um auch während der Schulzeit passende Termine für gemeinsame Aktivitäten zu finden. Dies zeigt, wie wichtig es diesen Jugendlichen geworden ist, in diesem geschaffenen Raum auf verschiedenste Weise „die Seele baumeln zu lassen“ und „den Kopf“, wie man so schön sagt, einfach einmal „abzuschalten“. Gerade durch viele Termine, lange Schulwege und schwerer Gedanken aufgrund der schwierigen persönlichen Lebenssituation, waren - und sind - diese Angebote eine Quelle der Erholung. Wir hoffen die Treffen werden weiter geführt und unser Kontakt bleibt bestehen.

In diesem Sinne ein großes Dankeschön an alle die, die den Jugendlichen und damit auch uns innerhalb des letzten Jahres unterstützend zur Seite standen und dadurch zur positiven Integration der Jugendlichen in Bremen und Borgfeld beigetragen haben.

Benjamin Buksch (für das Team)